Lot Essay
"... Unser Raum in Dresden hat doch kolossal Gewicht auf die, die etwas für die Kunst übrig haben und Dein Tanz wird als das beste Bild genannt. Es wirkt ja auch wunderbar stark auf der weissen Wand..." Dies schrieb Ernst Ludwig Kirchner an seinen Künstlerfreund Albert Müller in einem undatierten Brief von 1926. In jenem Jahr waren die beiden zusammen nach Dresden gereist, um an der Internationalen Kunstausstellung ihre Bilder auszustellen. Auf Vorschlag von E. L. Kirchner hingen in seinem Raum auch zwei Gemälde von Albert Müller, 'Bergwald' und eines der Hauptwerke im Oeuvre von Müller: 'Veglione a Mendrisio'. Kirchner (1880-1938) und Müller haben sich 1923 anlässlich einer Ausstellungseröffnung in Basel kennengelernt. Aus der gegenseitigen Wertschätzung der beiden expressionistischen Künstler ging eine sehr enge und intensive Zusammenarbeit hervor. Albert Müller gründete in der Silvesternacht 1924/25 mit den beiden Basler Künstlern, Hermann Scherer und Paul Camenisch, die Künstlergruppe 'Rot-Blau'. Alle Mitglieder dieser Gruppe standen E. L. Kirchner sehr nahe und wurden durch sein Werk beeinflusst. Nach nur drei Monaten trat Albert Müller aus dieser Gemeinschaft aus und verbrachte nun umso mehr Zeit mit Ernst Ludwig Kirchner in Davos. Der Tanz, als Hauptmotiv verschiedener Werke, faszinierte diese beiden, grossartigen Expressionisten. Dieses Hauptwerk von Müller, 'Veglione a Mendrisio' von 1926, zeigt den mondänen Silvester-Ball in Mendrisio, ein Motiv, das sich durch nichts von den Kirchner-Bildern gleichen Inhalts unterscheidet. Im Vordergrund sitzen zwei Damen und ein Herr an runden Tischchen mit Gläsern, im Mittelteil das eigentliche Hauptmotiv: Der Tanz. Die Tanzpaare werden im oberen Teil des Gemäldes immer kleiner, wodurch eine Tiefenillusion im Bild erreicht wird. Die intensive Farbgebung, Rosa, Grün, Lila und Blau auf gelbem Untergrund, unterstützt die Bewegungen der Tanzenden. Das künstlerische Werk des sehr jung, an Typhus verstorbenen Albert Müller nimmt innerhalb des schweizerischen Expressionismus einen hohen Stellenwert ein. Ernst Ludwig Kirchner schrieb zum Tode Müllers im Kunstblatt: "...Mit Albert Müller verliert die Schweizer Moderne einen ihrer allerbegabtesten Künstler...". (aus: Beat Stutzer, Albert Müller, Basel 1981)