FERDINAND HODLER (1853-1918)
FERDINAND HODLER (1853-1918)

Thunersee mit Stockhorn, 1910

Details
FERDINAND HODLER (1853-1918)
Thunersee mit Stockhorn, 1910
unten rechts signiert 'F. Hodler' und datiert '1910'
Oel auf Leinwand
65 x 88 cm
Provenance
Sammlung Oskar Miller-Sieber, Biberist
Privatbesitz, Schweiz

Lot Essay

Die Ansichten des Thunersee mit Stockhorn bilden einen Höhepunkt der symbolistischen Landschaftsmalerei im Oeuvre Ferdinand Hodlers. Zusammen mit seinen Gipfelbildern der Berner Alpen und den Ansichten des Genfersees sind sie die schönsten und an innerer Monumentalität reichsten Landschaftsbilder Hodlers.
Das Motiv der Schweizer Alpen übte auf viele Künstler eine grosse Anziehungskraft aus. Oft in Verbindung mit einer Seelandschaft nehmen Gebirgsketten so auch in Ferdinand Hodlers Landschaftsmalerei einen zentralen Platz ein. Allein den Thunersee mit Stockhorn malte Hodler in den Jahren von 1904 bis 1913 rund 30 Mal.
Ferdinand Hodler geht jedoch über die abbildhafte, naturalistische Darstellung sublimer Landschaften weit über die grossen Romantiker des 19. Jahrhunderts hinaus. Zwar immer noch von der Natur ausgehend, reduziert er in seinen Bildern Landschaften auf ihre wesentlichsten Elemente und unterstützt diese Tendenz zur Abstraktion meist auch farblich, wobei er die Farbe Blau in ihren verschiedensten Schattierungen von leuchtendem Kobalt- bis Graublau und hin zu Türkis favorisiert. Es ist nicht nur die Farbe des Himmels und des Wassers, sondern auch die des Symbols der Unendlichkeit und der Transzendenz.
Die Vereinheitlichung des Bildgegenstandes, eine Vorliebe für Flächigkeit und reine Farbigkeit hat Hodler mit seinen impressionistischen und pointillistischen Zeitgenossen gemeinsam, aber es geht Hodler um mehr als das Festhalten eines atmosphärischen Augenblicks. Um sich seinen Landschaftsbildern zu nähern, bieten sich vor allem Hodlers Notizen zur "Physiognomie der Landschaft" an. Hier äussert er sich folgendermassen: "„Eine Landschaft muss Charakter haben, eine Leidenschaft oder eine Gefühlsbewegung ausdrücken.(...) Figuren fügen nicht nur nichts hinzu, sondern schwächen die packende und direkte emotionale Wirkung. Der Maler muss den Willen zur Klarheit haben und das Vermögen, frei und ohne Zögern seinen eigenen Gefühlen zu vertrauen. Nur dann wird eine gemalte Landschaft den Betrachter ergreifen und ihm einen tiefen und bleibenden Eindruck hinterlassen."
Mit dem Verzicht auf jegliche allegorische Darstellungen oder Figuren finden sich auch in Ferdinands Hodlers Ansichten des Thunersee mit Stockhorn selten Anzeichen von Zivilisation.
Der mit seinen grossformatigen Historienbildern und allegorischen Figuren berühmt gewordene Maler konzentriert sich hier ganz auf die reine Natur, das Licht, den Himmel, den Nebel, das je nach Wind unterschiedliche Wellenspiel auf der Oberfläche des Wassers und auf die sich oft im See spiegelnden Berge und Wolken.
Für den symbolistischen Gehalt seiner Landschaften spielt Hodlers Idee des Parallelismus eine zentrale Rolle. Parallelismus bedeutete für ihn jegliche Form der Wiederholung. Durch die horizontale Gliederung einzelner Bildstreifen wie Ufer, Wasser, Wellen, Berge und Himmel erreicht er mit seinen Darstellungen von Seelandschaft mit Gebirgsketten seine stärksten parallelistischen Wirkungen.
Die kunsthistorische Bedeutung der Seeansichten mit Gebirgskette liegt gerade in der Häufigkeit dieses Motivs, die nie eine exakte Wiederholung bedeutet. Jedes Bild ist einzigartig, und doch erlaubt es gerade die Serie dieses Motivs, sämtliche Variationen und Entwicklungsstufen in Hodlers Landschaftsmalerei zu erfassen und nachzuvollziehen.

Das Werk ist in Zusammenarbeit mit dem Hodler-Experten Jura Brüschweiler im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft unter der Nr. 83821 als eigenhändige Arbeit von Ferdinand Hodler registriert.

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